The Great Kindle Swindle
Amazons Kindle, der Star unter den eBook-Readern, ist quasi mit runtergelassenen Hosen erwischt worden, denn Amazon hat auf Kundengeräten bereits gekaufte eBooks wieder glöscht. In Amazons Kindle Community haben sich daraufhin viele, die bisher dachten eBooks wären eigentlich wie normale Bücher, nur auf einem besseren Medium verwundert bis empört geäussert.
Amazon hat dazu erklärt, dass der Anbieter nicht die nötigen Rechte hatte, um die Bücher im Kindle-Store anzubieten. Im Mobileread Form gibt es Berichte von Anfang Juli, dass Amazon schon damals bereits gekaufte Bücher von den Kindles seiner Kunden gelöscht hat und der Poster kommentiert das prophetisch mit dem Satz “If true – I find it rather chilling and “big-brother-ish”…”
Das erst diese Aktion soviel Empörung und Häme auslöst, liegt natürlich daran, dass es diesmal zwei Bücher von George Orwell erwischt hat: Gelöscht wurden Animal Farm und 1984.
Nachdem Amazon jetzt also Erfahrung als Big Brother gesammelt hat, kann der nächste logische Schritt nur sein, in allen über den Kindle vertriebenen Zeitungen die Artikel über den Vorfall zu entfernen.
Neben dem Verlust der Bücher gibt es laut diesem Artikel der New York Times auch Kollateralschäden:
Justin Gawronski, a 17-year-old from the Detroit area, was reading “1984” on his Kindle for a summer assignment and lost all his notes and annotations when the file vanished. “They didn’t just take a book back, they stole my work,” he said.
In vielen Berichten taucht der Vergleich zum Kauf eines echten Buches auf: Barnes & Noble brechen schliesslich auch nicht Nachts in die Häuser Ihrer Kunden ein, klauen ein zuvor gekauftes Buch und legen den Kaufpreis auf den Küchentisch.
Der Unterschied ist aber, dass in der schönen neuen Welt des Kindle Swindle der Kunde dem Händler beim Kauf des Buches einen Zweitschlüssel zu seiner Wohnung und die Erlaubnis ihn beim Lesen des Buches zu beobachen geben musste.
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Inzwischen dämmert wohl auch Amazon, dass man sich mit dieser Aktion nicht nur in den eigenen Fuß geschossen, sondern eher das ganze Bein weggeschossen hat. Wer nun allerdings auf die Zusage “man wolle Bücher in Zukunft nicht mehr unter solchen Umständen löschen” noch etwas gibt, sollte mal seinen Sinn für Realität untersuchen lassen und Mark Pilgrims The Future of Reading lesen.
Update: Inzwischen hat auch Spiegel Online das Thema entdeckt: Amazon löscht digitale Exemplaren von 1984.
Update 2: Lesenswerter Artikel auf Slate: Why 2024 will be like Nineteen Eighty-Four.